"Digitalisierung ist mehr als nur ein Kabel"

Surwold. Am 2. November trafen sich Politik und Landwirte auf der Ausschusssitzung des landwirtschaftlichen Kreisvereins Aschendorf-Hümmling um über das Thema „Digitalisierung“ zu sprechen und zu diskutieren. Als Hauptredner fungierte, dem Thema entsprechend, Herr Stefan Muhle, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. Um die Regie aus Politik zu komplettieren waren Gitta Connemann auf Bundesebene und Marc-André Burgdorf auf Kreisebene zu Gast.

Das Thema Digitalisierung empfindet die Bundestagsabgeordnete und stellv. Fraktionsvorsitzende der CDU Gitta Connemann als Realität. „Landwirtschaft 4.0 gibt es bereits heute, leider wissen das die Wenigsten. Die meisten Menschen stellen sich immer noch einen romantisierten Bauernhof vor.“  Tierwohl, Nachhaltigkeit und Transparenz sind für Connemann entscheidende Vorteile, die mit der Digitalisierung in der Landwirtschaft erreicht werden können. Laut Connemann sollten die NGOs endlich wahrnehmen, welche entscheidende Rolle die deutsche Landwirtschaft bei der Ernährungssicherung in der Welt einnimmt. Noch vor 100 Jahren hätte der Dürresommer 2018 für eine große Hungersnot gesorgt, doch gerade durch die technische Entwicklung, die die Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten genommen hätte, seien die Auswirkungen der Dürre für den Verbraucher nicht gravierend zu spüren gewesen.

Von Stefan Muhle, Staatssekretär im Nieders. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, erwarte Thomas Korte, Vorsitzender des Kreisvereins Aschendorf-Hümmling, einen Zukunftsplan für das Emsland. Wie geht es weiter mit Netzausbau und Datenhoheit im ländlichen Raum? „Digitalisierung ist kein Hexenwerk, es sei denn, man wohnt da wo wir wohnen“, bekräftigt Korte die Wichtigkeit der digitalen Infrastruktur.

Auch Stefan Muhle, erster eigener Staatssekretär für den Bereich Digitalisierung, verdeutlichte die erhebliche Bedeutung der digitalen Infrastruktur. Eine Mrd. Euro will die Landesregierung alleine in dem Bereich Digitalisierung investieren. Dabei seien diese Investitionen in vier Säulen eingeteilt: Infrastruktur, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung.         
Die Basis für zukunftsfähige digitale Lösungen sei laut Muhle die Infrastruktur. Mit einer besseren Infrastruktur könne auch die Attraktivität des ländlichen Raumes gesteigert werden, darum solle der Fokus zunächst auf Netzausbau, Breitbandausbau und Co. gelegt werden. „Die Funklöcher müssen auf der Karte verschwinden“, so Muhle. Dafür habe er sich mit den Netzanbietern an einen Tisch gesetzt, um herauszufinden, wo die Funklöcher sind und wie man diese am besten „angehen“ könne. Ziel soll zunächst eine flächendeckende LTE Versorgung sein, die dann mit einer Investition von rund 50 Millionen Euro zu einer flächendeckenden Versorgung von 5G ausgebaut werden solle. Handlungsbedarf bestünde laut Muhle auch bei den rund 800 Haushalten im Emsland, die noch nicht an dem Glasfasernetz angeschlossen seien.

Im Bereich Wirtschaft wolle Muhle die Unternehmen unterstützen, die mit der Digitalisierung vorankommen möchten. Zurzeit sehe er keine Gefahr der Arbeitsplatzverluste durch die Digitalisierung. Wie sich das zukünftig entwickle, bleibe allerdings abzuwarten.

Die dritte Säule der Digitalisierung nehme der Wissenschaftsbereich ein. Es sollen in ganz Niedersachsen verteilt diverse Zukunftslabore etabliert werden, die sich mit verschiedenen Themen der Digitalisierung beschäftigen. Für das Weser-Ems Gebiet sei ein Labor zum Thema Agrar geplant. In der vierten und letzten Säule wolle Muhle vor allem den Bildungsbereich mit digitaler Technik versorgen. „Der Overhead-Projektor sei an manchen Schulen das Digitalste, was dort zu finden sei.“

Innerhalb der Diskussion mit den Landwirten wurde deutlich, dass auch die Sicherheit der Daten eine wichtige Rolle spielen muss.  Hersteller von Maschinen müssten hier mit in die Pflicht genommen werden, um für einen sicheren Datenfluss zu sorgen. „Die Hoheit der Daten müsse dabei jedoch beim Landwirt bleiben“, so der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Kreisvereins Thomas Korte.

Schützen der heimischen Landwirtschaft

Thomas Korte berichtete ebenfalls über seine Erlebnisse, die er auf der ganzen Welt gesammelt hatte. Besonders die Nachteile, die Landwirte in Deutschland gegenüber Landwirten im Ausland erfahren, beschäftigen den Vorsitzenden Korte sehr. Zum einen nannte er die Schwierigkeit des Erlangens einer Baugenehmigung für einen Stall-Bau in Deutschland. Das sei in anderen Ländern wesentlich einfacher. Deswegen habe sich die Vereinigung des Emsländischen Landvolkes e.V. (VEL) intensiv mit dem Thema Baugesetz auseinandergesetzt. Die Anwaltskanzlei Hentschke & Partner aus Potsdam erstellte ein Gutachten, das sich mit den nötigen Änderungen des Baugesetzbuches befasst, um den deutschen Landwirten einfachere Modernisierungsmaßnahmen an ihren Ställen zu ermöglichen und somit gleichzeitig auch für mehr Tierwohl sorgen zu können.  Innerhalb der Politik und auch den landwirtschaftlichen Verbänden auf Landes-, sowie Bundesebene wurde das Gutachten bereits vorgestellt. Es bleibe abzuwarten, ob die Politik nun auch entsprechend handele.       
Sehr besorgt zeigte er sich, dass auch tierische Erzeugnisse aus Thailand mit einer QS-Zertifizierung in deutschen Supermärkten erhältlich sind. Für sein Verständnis sollte diese Zertifizierung allein den deutschen Landwirten vorbehalten sein, um diese von den ausländischen Produzenten abzuheben und auch vor diesen zu schützen. Deshalb forderte er eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung tierischer Erzeugnisse – auch für Restaurants und Mensen. „Die Verbraucher müssen genau sehen können, wo ihr Essen herkommt – auch in bereits verarbeiteten Gerichten“, so Korte. Es sollten in Deutschland nur Erzeugnisse erhältlich sein, die auch zu gleichen Bedingungen und gesetzlichen Gegebenheiten hergestellt wurden wie in Deutschland. Dies sei derzeit nicht der Fall: viel zu hoher Medikamenteneinsatz, zu geringes Tierwohl und Pflanzenschutz, der in Deutschland gar nicht mehr eingesetzt werden dürfe, habe er in anderen Ländern beobachtet. „Es gilt unsere heimische Landwirtschaft vor der ausländischen Landwirtschaft zu schützen“, so Korte weiter.

Ferner verlas Thomas Korte ein Schreiben gerichtet an den Staatsekretär Dr. Hermann Onko Aeikens, des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. In diesem Schreiben thematisierte Korte die Problematiken rund um die geplante Novellierung der TA-Luft. Dieses Schreiben überbringt Gitta Connemann dem Politiker in Berlin. „Wenn man Tierwohl möchte, muss man es auch möglich machen“, so Connemann.

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